Unsere erste Nacht in Viet Nam verbrachten wir in der Grenzstadt Ha Tien. Von dort aus ging es mit dem Bus weiter nach Vinh Long am Mekong. Der Bus schmiss uns an einer Tankstelle am Stadtrand raus und zwei Mopedfahrer standen bereit um uns zum Pier zu fahren, denn unsere Unterkunft lag auf einer Insel zwischen den Flussarmen. Damit blieb uns keine andere Wahl, als uns auf die erste Fahrt mit 20 kg Gepäck hinter dem Führer eines antiquirten Zweirades einzulassen. Für Vietnamesen etwas alltägliches, für uns ein Höllenritt. Schneller als jeder sonst auf der Straße ging es ab durch den Stadtverkehr. Links überholen, rechts überholen, nur niemals überholen lassen war das Motto. Besser man schließt beim Aufsitzen Frieden mit sich selbst und mit dem Leben ab, dann kann man die Fahrt sogar genießen. Wir hatten in etwa so viel Adrenalin im Blut, wie beim Fallschirm springen. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir uns so transportieren lassen.
Nach zwei Nächten im Mekong ging es mit dem Bus weiter nach
Saigon, auch
Ho-Chi-Minh City genannt. Bei Überlandreisen stehen entweder Liege-Busse oder herkömmliche Fahrzeuge zur Verfügung. Max sitzt oder liegt so oder so etwas beengt. Die Bundesstraßen sind an beiden Seiten stets mit Wohnhäusern, Dienstleistungsbetrieben und jeglichem vorstellbaren Gewerbe vollgebaut und so hat man das Gefühl für immer durch eine unendlich große Stadt zu fahren. Die Fahrt wird begleitet von energischem Hupen um Motorräder und Mopeds zu nötigen dem Bus Platz zu machen. Dennoch geht es meist nicht schneller als mit 60 km/h vorran. Die Huptechnik ist dabei völlig anders, als daheim. In Deutschland wird selten gehupt, dann aber lange und durchdringend um vor Gefahr zu warnen oder seinem Ärger Luft zu machen. Hier hämmert der Fahrer ein Stakkato von Huppulsen, die zu rufen scheinen: Verpiss dich, hier komm ich! Man fährt in Viet Nam auf der rechten Seite, jedenfalls theoretisch. Jeder hier scheint es eilig zu haben, aber pünktlich kommt niemand.
Saigon ist eine laute und so betriebsame Stadt, dass man sie auch hektisch nennen könnte. Das Gehupe und die dichten Ströme von motorisierten Zweirädern dominieren den ersten Eindruck. Überall gehen die Menschen ihrem Tagwerk nach, teilweise auch auf der Straße oder dem Gehweg. Ob nun ein Roller repariert wird oder eine alte Frau einen Obstkarren aufstellt, es gibt auf den meisten Gehsteigen kaum noch Patz für Fußgänger. Selbst im Zentrum der Metropole ist Raum für Märkte, Parks und Alleen, wodurch uns diese Stadt sehr sympatisch ist. Der Verkehr fordert jedoch die gesamte Aufmerksamkeit, möchte man nicht umgefahren werden. Wenn man die Straße überquert, dann läuft man wortwörtlich mitten durch den Strom von Fahrzeugen, die rechts und links um einen herumfahren während man über die Straße läuft. Wartet man um diese zu überqueren, bis gar kein Fahrzeug mehr auf der Straße ist oder jemand für dich anhält, so wartet man mutmaßlich für immer. Schienbeinhohe Absperrungen verhindern, dass Motorräder über Fußwege abkürzen, dadurch hat man als Fußgänger auch Orte, an denen man unbeschwert herumschlendern kann.
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Innenstadt von Saigon. |
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Großstadt-Geflügel |
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Saigon hat schöne Parks. |
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Kokosnussverkäufer. |
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Der Domvorplatz. |
In der ehemaligen Hauptstadt Südvietnams findet man das Kriegsmuseum. Ein Besuch offenbart eine zwar einseitige, aber dennoch ergreifende Darstellung der Leiden des vietnamesischen Volkes während des Krieges. Man benötigt fundiertes Wissen über die Historie des Landes und die verschiedenen Ideologien und auch ein gewisses Händchen zwischen den Zeilen der Propaganda zu lesen, aber dann lassen sich die Exponate richtig einordnen. Man muss verstehen, dass Geschichte immer von den Siegern geschrieben wird und damit ist es nicht verwunderlich, dass der Vietnam-Krieg in diesem Museum als ein Kampf des vietnamesischen Volkes gegen US-amerikanische Aggressoren dargestellt wird. Die Südvietnamesen werden als bloße Marionetten hingestellt und es gibt keinerlei kritische Auseinandersetzung mit den Angriffen des sozialistischen Nordens, der Schlussendlich ja gesiegt hat. Daher stehen die schrecklichen Kriegsverbrechen der Amerikaner voll im Fokus der Ausstellung und werden - zu Recht - verurteilt.
Für den Größenwahnsinnigen Einsatz von Millionen Tonnen Bomben, Napalm und Toxinen durch die Amerikaner kann es keine Rechtfertigung geben. Das Leiden der Zivilbevölkerung und die nachhaltigen Schäden für die Gesundheit steht in keinem Verhältnis zu den erklärten Zielen des Vietnam-Krieges. Die Machtpolitik der USA im Kalten Krieg entzündete mehrmals tödliche Kriege, von denen keiner so grausam war, wie der Krieg in Vietnam. So viele Menschen litten unter dem willkürlichen Flächenbombardement und riesige Landstriche wurden auf lange Zeit verseucht. Die Intervention der Amerikaner war so grausam, sie gibt der Einparteien-Diktatur in Vietnam bis heute eine Daseinsberechtigung. Wer so mit einem Land umgeht, der stärkt in den Herzen der Bevölkerung den Wunsch sich hinter einer anderen Macht zu vereinen, die in Opposition zu den USA steht.
Vietnam wurde so viele Jahrzehnte durch die französischen Kolonialherren unterdrückt, dann im zweiten Weltkrieg von den Japanern besetzt, um danach wiederum von den durch die USA unterstützten Franzosen attackiert zu werden. Die Interessen der anderen Mächte lagen dabei immer auf der Ausbeutung von Rohstoffen, wie Gummi oder Wolfram, um die Automobile und Glühbirnen in der Heimat zu bauen, und nie auf dem Wohl der Bevölkerung. Da kann man sich gut vorstellen, dass die Vietnamesen einen starken sozialistischen Staat einer weiteren Fremdbestimmung vorziehen. Die Intervention der USA in den 70ern war wiederum vor allem durch Macht- und Blockpolitik motiviert und steht in der Tradition der Einmischung der Weltmächte in ein Land von Reisbauern. Heute dient der gewonnene Krieg der Propaganda des vietnamesischen Sozialismus und hat unterm Strich nur Leid und Verderben hervor gebracht und zudem die Glaubwürdigkeit der USA untergraben und dem Kampf Nord- gegen Südvietnam nachträglich eine Legitimation gegeben.
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