Samstag, 5. August 2017

Wanderung zum Quilotoa

Link zum Quilotoa Video

Die Hälfte unseres Gepäcks ließen wir im Hostel Tiana in Latacunga und fuhren mit dem Bus nach Sigchos. Die Wanderung begann Mittags mit dem vier Stündigen Weg nach Isinlivi. Die Landschaft ist wirklich atemberaubend. Wir sind die ganze Zeit auf Höhen unterwegs, bei denen in den deutschen Alpen die höchsten Gipfel liegen. Hier wird bei 3000 m immer noch Landwirtschaft betrieben. Wir treffen unterwegs auf viele Nutztiere und Weiden, es gibt aber auch Mais, Gerste, Lupine und Kartoffeln. Wir haben darüber hinaus Felder gesehen, auf denen wachsen Pflanzen, die wir gar nicht kennen. Früher waren die Berge mit Nebelwäldern bedeckt, doch das ist Vergangenheit.

Die Menschen hier sind wie überall in Ecuador sehr nett und hilfsbereit. Der Anteil indigener Einwohner ist deutlich höher als in den Städten. Hier wird viel Quechua gesprochen und manchmal ist das Spanisch der Leute die wir treffen so schlecht wie unseres. Immer werden wir gefragt wohin wir wollen und uns wird die richtige Richtung gewiesen.

Weil wir Angst hatten uns zu verlaufen, benutzen wir eine App mit GPS. Bis jetzt probieren wir uns noch in der Bedienung und finden uns noch nicht 100-prozentig zurecht. Die ersten Versuche unsere Route aufzuzeichnen kann man in der Karte unten finden.

Einmal sollten wir offensichtlich Privatgrund durchqueren und mussten einer zahnlosen Frau einen Dollar Wegzoll zahlen. Merkwürdig war, dass sie das Geld nicht von Max, sondern nur von Anna haben wollte. Ob nur Anna zahlen musste, oder Max das Geld nur nicht überreichen durfte ist lost in translation.

In Isinlivi angekommen waren wir begeistert vom Ausblick unseres Hostels Taita Cristobal, bei dem es darüber hinaus ein ausgezeichnetes Abendessen und sehr reichhaltiges Frühstück gab. Im Garten standen zwei Lamas und ein süßes Kalb.








Am Morgen war der Himmel strahlend blau und wir liefen weiter Richtung Chugchilan. Der handgemalte Karte der Hostelbetreiberin schenkten wir keine Beachtung, sondern verließen uns ganz auf unser GPS. Dies sollte Umwege über Anhebungen nach sich ziehen, die uns mit einem herrlichen Ausblick belohnten. Max war nicht ganz unschuldig, denn er konsultieren die Karte nicht so häufig, wie Anna am Vortag. Wir beschlossen daher, dass Anna wieder die Navigation übernehmen sollte. Wieder auf dem vermeintlichen richtigen Weg kamen wir an einen Fluss, den man laut Empfehlung der handgemalten Karte schon viel früher an einer anderen Stelle hätte überqueren sollen. Wir machten eine ausgiebige und erholsame Mittagspause.

Die Hängebrücke auf der Strecke unserer Wahl sah wirklich abenteuerlich aus, denn von unserer Seite des Flusses aus konnte man erkennen, dass einige Bretter fehlten oder durchgebrochen waren. Wir versuchten zunächst einmal eine alternative Furt in der Umgebung zu finden, aber der Fluss war zu breit, zu schnell und zu tief. Mit klopfendem Herzen liefen wir nacheinander einzeln über die Brücke. Max lief voraus und tastete mit den Füßen vorsichtig die Stabilität jeder Bohle. Fast am anderen Ende angekommen musste er feststellen, dass die gegenüberliegende Seite überhaupt keinen Zusammenhalt mehr hatte und eigentlich nur noch aus den zwei Tragseilen der Hängebrücke bestand. Man müsste also herabspringen und das erschien witziger Weise weniger bescheuert als den Weg über die desolaten Bohlen zurück zu laufen. Anna folgte auf gleichem Wege. Wir beide hatten auf jeden Fall einen ordentlichen Adrenalinspiegel und waren sehr froh,  dass uns nichts passiert war.

Mit dem Zeitverlust durch Umwege, unserer Mittagspause, die Suche nach alternativen Möglichkeiten zur Überquerung des Flusses und der Zitterpartie an der Hängebrücke waren wir ganz schön spät dran. Der schwierigste Teil der Tagesetappe lag noch vor uns, denn wir waren noch im Tal beim Fluss und mussten noch über 500 m auf die gegenüberliegende Seite aufsteigen und auch noch einige Kilometer Strecke zurücklegen. Also marschieren wir beherzt los.

Kurz darauf trafen wir auf eine Familie bei der Feldarbeit, die von ihren Hunden begleitet wurden. Die Hunde bellten, zeigten die Zähne und machten uns auf jede erdenkliche Weise klar, dass wir nicht erwünscht waren. Sie liefen uns auch hinterher und wir bekamen es mit der Angst zu tun. Erst kürzlich sei jemand auf der Strecke gebissen worden, hatten wir zuvor erfahren. Die Gefahr geht dabei nicht von wilden Hunden aus, wie man vielleicht annehmen könnte. Viel gefährlicher sind die Hunde der Bauern, die die Grundstücke übereifrig verteidigen wollen, weil sie dazu abgerichtet sind. Wir hatten bereits Bekanntschaft mit Hunden gemacht, die wie Bestien an ihren Seilen zerrten und uns wie wild ankläfften, als wir vorbei liefen. Zum Glück waren die meisten gut festgebunden. Dennoch hatten wir vorsorglich Stöcke zur Verteidigung aufgesammelt. Zurück zur aktuellen Situation, mit den uns verfolgenden Hunden, die nicht zurückgepfiffen wurden bis Anna wütent ihren Stock schwang und schrie “Verpisst euch, ihr scheiß Köter”. So kurz nach der lebensgefährlichen Brücke, war unser Puls vom schnellen Anstieg und der Flucht vor den Hunden am Limit. Wir drohten in der Sonne zu überhitzen, hatten aber gerade keine Lust auf eine Pause. Wenige Stunden später kamen wir erschöpft in Chugchilan an.








Leider war unser Hostel Cloud Forest nicht so schön, wie das zuvor. Die davorliegende Schotterpiste wird gerade zur Straße ausgebaut - mit Baulärm und Teergeruch. Wahrscheinlich wird sich die Region in nächster Zeit stark verändern, denn die modernen Straßen beeinflussen den Tourismus und die Landwirtschaft. Vielleicht geht der Charme der kleinen Bergdörfer verloren. Chugchilan hat uns zumindest nicht mehr gut gefallen.

Der nächste Morgen begrüßte uns wieder mit strahlendem Sonnenschein, perfekt für die größte Etappe unserer Wandertour. Mit reichlich Sonnencreme gegen die äquatoriale Höhensonne geschützt, machten wir uns auf den Weg. Dieses Mal folgen wir peinlich genau den Tipps des Hostels und vermieden jene Abzweige, die zwar auch zum Ziel führen, aber durch Erdrutsche und Steinschlag als gefährlich gelten.

Zuerst ging es hinab in ein Tal, dann gleich wieder steil hinauf. Wir erreichten einen Aussichtspunkt mit Blick auf die schneebedeckten Zwillings-Vulkane Illiniza-Norte & -Sur. Ein Bauernhaus, das zum Dorf La Moya gehört, lag direkt neben dem Aussichtspunkt. Drei Kinder beobachten uns beim Betrachten der Landschaft und der Karte. Ihr Haushund war offensichtlich zum Kuscheln und Spielen erzogen und wedelte freudig mit dem Schwanz. Die Kinder ließen es sich nicht nehmen uns den Weg zu zeigen und vor uns her zu laufen. Zum Abschied schenkten sie uns eine Empanada und wir teilten im Gegenzug unsere Cracker mit ihnen. Dies war nicht die einzige schöne Begegnung an diesem Tag, denn nur wenig später fragten uns Kinder höflich, ob wir nicht Fotos von ihnen machen wollten. Etwas überrumpelt war uns nicht ganz klar, ob das Mädchen Schokolade als Gegenleistung erwartet. Mit den Kindern im nächsten Dorf teilten wir dann jedenfalls Erdnüsse und Rosinen, was große Begeisterung auslöste.

Bevor es zum letzten großen Anstieg ging, mussten wir wieder über einen Fluss im Tal. Dieser war so ausgetrocknet, dass wir einfach drüber springen konnten. Der Kraterrand des Quilotoa liegt auf über 3900 m und Anna verzweifelte fast beim Aufstieg. Es stellte sich jedoch heraus, dass nicht die Höhe, sondern Dehydrierung die Ursache war. Nach Max Drängen doch etwas mehr zu trinken und dem Umpacken von Wasserflaschen in seinen Rucksack lief ihm Anna am Kraterrand angekommen wieder davon.











Der Quilotoa hat einen imposanten Krater, denn die Caldera misst etwa 3 km. Der letzte Ausbruch, oder besser die Explosion, ereignete sich im Jahre 1280. Es war eine gewaltige Eruption, deren pyroklastische Ströme bis zum Pazifik reichten. Seit dem liegt in der Caldera ein bis zu 250 m tiefer Kratersee, der von Mineralien grün-blau eingefärbt ist und von dem die Einheimischen glauben er hätte überhaupt keinen Grund. Je nachdem wie die Sonne gerade auf das Wasser fällt, kann der See auch türkis oder silber-grau erscheinen. Unser Weg führte uns etwa ein Drittel am Grat der Caldera entlang, bis zum gleichnamigen Dorf Quilotoa.

Vom aufblühenden Tourismus geprägt findet man im Dorf viele Hotels, Hostels, Souvenirgeschäfte und Restaurants und nochmals genauso viele Baustellen. Man kann sich bequem mit dem Bus von der nächsten Stadt hier her fahren lassen und muss nicht so beschwerlich wie wir anreisen. Dann verpasst man aber das Abenteuer auf dem Weg und die vielen unbeschreiblichen Ausblicke unterwegs. Für uns war der Blick auf den Vulkansee die Belohnung für drei Tage Wanderung und somit sicherlich noch viel schöner als für Touristen, die gerade den Bus verlassen haben.

Weiterer Teil unserer Belohnung war es, uns eine komfortable Unterkunft zu suchen. Im Runa Wasi - auf Deutsch Haus des Menschen - fanden wir einen warmen Kamin und engagierte Betreiber. Zufälligerweise trafen wir hier erneut Wanderer, die uns auf dem Weg immer wieder begegneten und außerdem noch einige Deutsche, die gerade erst angekommen waren. Anna freundete sich gleich noch mit dem Baby der Besitzer an, welches übermütig in seinem Laufsitz durch den Gastraum fegte. Danach vermisste sie ihr Patenkind gleich noch mehr.










Nachdem wir am Abend bereits einen spektakulären Sonnenuntergang beobachten konnten, standen wir am nächsten Morgen sehr früh auf um auch den Sonnenaufgang anzusehen. Nach dem Frühstück ging es vom Kraterrand etwa 500 m hinab zum See. Von unten ist der Vulkan nicht weniger imposant und der See noch viel schöner. Leider wird das Hostel im Krater gerade renoviert. So stiegen wir die Caldera wieder hinauf und gönnten uns ein Mittagessen mit doppelten Portionen und Coca-Tee. Wir beschlossen noch eine Nacht am Kraterrand des Quilotoa zu verbringen und quartierten uns im Chukirawa Hostal ein. Die Preise in dem Dorf sind jedoch so hoch, dass wir einen Sonnenunter- und -aufgang später abreisten. Auch war unser Vorrat an frischer Wäsche erschöpft. Alle mitgenommene Kleidung zierten Salz- und Staubkrusten. Mit dem Bus ging es nach Latacunga, wo wir unser restliches Gepäck aufsammelten und uns in einen Bus in die Stadt Ambato setzten.












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5 Kommentare:

  1. Wunderschöne bilder, klingt sehr abenteuerlich mit der Brücke. Macht immer sehr spaß eure blogeinträge zu lesen. Liebe grüße aus würzburg <3

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  2. Vielen Dank! Liebe Grüße zurück!!!

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  3. Hey meine Lieben,
    wir verfolgen schon seit geraumer Zeit Euren Blog und sind immer wieder ganz planerisch nachdem wir den nächsten abgefahrenen Eintrag von euch gelesen haben. :)

    Außerdem lese ich grade alles nochmal, Zwecks Update für Elfie und Franz, da wir die beiden ja kommendes Wochenende zu sehen bekommen. Es ist schon wirklich interessant die ganz Entwicklung eurer bisherigen Touren zu rekapitulieren.

    Lisa ist schon etwas grün vor Neid und möchte nach dem Master (hoffentlich mitte Februar) unbedingt die Welt erkunden... zumindest für eine Weile. Da lass ich mich auch nicht zwei mal bitten! ;)

    Lasst es Euch gut gehen und danke, dass ihr diesen liebevoll designten Blog führt. Das wirkt wie eine Art Motivation.

    Bei uns ist alles gut soweit und in einer Woche sind wir zwei Wochen auf Fahrradtour von der Nordsee nach Magdeburg und dann eine Woche wandern in den österreichischen Alpen.

    Lasst es Euch gut ergehen und auf hoffentlich bald!

    Jonas & Lisa

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  4. Danke für deinen lieben Kommentar. Es freut uns sehr, wenn wir andere zum Reisen motivieren. Vielen Dank auch, dass du Opa und Oma vom Blog erzählst. Ich habe Opa eine Postkarte mit einigen Bildern geschickt und werde auch versuchen ihn anzurufen. Es wäre super, wenn ihm jemand die Videos vorspielen könnte.
    Liebe Grüße an Lisa und die Familie!!!!

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  5. Hallo ihr beiden, ich hole gerade endlich die Einträge der letzten Wochen nach und bin ganz begeistert von schönen Beschreibung eurer Touren und den tollen Bildern :-)
    Ich hoffe ihr habt weiterhin so eine tolle Zeit und das wir noch mehr tolle Sachen von euch zu sehen bekommen.
    Viele Grüße,
    Christoph

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