Das kleine Land Kambodscha kann mit der Khmer Kultur auf eine bedeutende Vergangenheit zurückblicken, steht seit dem Bürgerkrieg und der verheerenden Herrschaft der Roten Khmer ökonomisch aber weit hinter seinen Nachbarn zurück. Damit hat das Land jedoch auch ein großes Potential und unterliegt dank ausländischer Investitionen einem deutlich spürbarem Wandel. Die bewegte Geschichte und rasante Entwicklung der Neuzeit machen Kambodscha zu einem lohnenswerten Reiseziel. Während sich unsere Reise durch Thailand anfühlte wie Sommerferien, so war die Reise durch Kambodscha mit vielen kritischen Auseinandersetzungen und ernsten Themen verbunden und fühlte sich etwas mehr wie Abenteuerurlaub an.
Wir haben uns in Kambodscha immer sicher gefühlt, denn die meisten Menschen sind offen, hilfsbereit und gastfreundlich. In den größeren Städten wird man häufig vor Taschendiebstahl durch Motorradfahrer gewarnt, weshalb man seine Wertgegenstände und Taschen dicht am Körper tragen soll. Das gilt auch bei einer Fahrt mit dem Tuk-Tuk. Man hört davon, dass vermeintliche Bettler in mafiösen Strukturen organisiert sind. So werden zum Beispiel Kleinkinder und Babys oder auch Versehrte instrumentalisiert um den Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Es handelt sich bei Kambodscha um ein armes Land und man kann mit Betteln deutlich mehr Geld verdienen als mit ehrlicher Arbeit zum Beispiel in der Landwirtschaft. Wer etwas spenden möchte, der sollte sich an eine renormierte Organisation wenden und sein Geld nicht auf der Straße verschenken.
Die Kosten für 30 Tage in Kambodscha beliefen sich für uns zwei auf 1780 €. Damit lagen wir etwas unter unserem durchschnittlichen Tagesbudget. Da diesmal kein teurer Flug für die Anreise angefallen ist, ist dieser Umstand auch nicht verwunderlich. Obwohl das Durchschnittseinkommen eines Kambodschaners unterhalb der Werte in Thailand oder Vietnam liegen, ist das Reisen hier nicht proportional günstiger. Viele Produkte, die westliche Touristen gewöhnt sind, werden nur in geringer Stückzahl - eben für die ausländischen Kunden in Kambodscha - importiert und sind entsprechend teuer. Eine Übernachtung im Privatzimmer kostet etwa 15 €, ein ausgefallenes westliches Gericht etwa 5 bis 7 €, Reis mit Gemüse nur 1 bis 2 €. Der Riel, die Landeswährung, wurde im alltäglichen Gebrauch weitestgehend durch den US-Dollar ersetzt. An den meisten Geldautomaten erhält man ausschließlich Dollar Noten. Münzen werden nirgendwo akzeptiert, stattdessen werden Riel Scheine als Kleingeld benutzt ( 1$ = 4000 Riel ). Alte (vor 2010) und beschädigte Dollar Scheine werden ebenfalls nicht akzeptiert, zumindest nicht bei höherem Noten-Wert als 10 $. Die meisten Banken verlangen 4 bis 6 % Gebühr für die Auszahlung von Bargeld am Geldautomaten.
Aus Thailand kommend, waren wir nicht hundertprozentig von der kambodschanischen Küche überzeugt. Weniger scharf als die Thai Küche sind viele Gerichte mit Fleisch und / oder sehr süß zubereitet, was nicht so sehr unserem Geschmack entspricht. Das Fleisch wird auf den lokalen Märkten unter teilweise abschreckenden Bedingungen verkauft. Bei 30°C ist Frische unabdingbar, kann vom Endverbraucher aber nicht wirklich nachvollzogen werden. Große Flächen des Landes werden in der Regenzeit vom Mekong überflutet und der größte Süßwassersee der Region füllt die Fischmärkte im Umland. Die Wasserqualität am Endlauf des Mekong ist mäßig bis schlecht, wie sich das auf die Qualität der Fische auswirkt können wir nicht beurteilen. An der Küste hat uns das Essen besser geschmeckt, als weiter nördlich im Inland. Fische aus dem Meer haben wir aber auch nicht häufig probiert. Über Kambodschaner sagt man, sie äßen alles, außer Boote und Züge. So gibt es in vielen Landstrichen keine streunenden Hunde, denn die landen auf dem Teller. Über Ratten wird ähnliches erzählt. Wir mutmaßen, dass die Bereitschaft quasi alles zu essen in der Not in der Mangelwirtschaft der Roten Khmer und nach dem Krieg fußt.
Geschichts- und Politik-Interessierte können sich mit der Entstehung und den Folgen der totalitären Gewaltherrschaft der Roten Khmer auseinandersetzen. Ein Zeitvertreib der einerseits faszinierend ist, denn nur wenige male in der Geschichte wurde der Klassenkampf mit so radikalen Mitteln geführt. Andererseits ist die Periode des (Bürger-)Krieges und der Roten Khmer so sehr von Ungerechtigkeit und Gewalt geprägt, dass es schwer fällt lange darüber nachzudenken und sich damit zu beschäftigen. Die Exekution der Bildungselite, beziehungsweise des massenhafte Tod in Gewaltmärschen und im Arbeitseinsatz hat eine halbe Generation ausgelöscht. Das Thema führt zu weit für diese Rekapitulation unserer Reise durch Kambodscha, daher nur so viel: Man kann bis heute die Folgen des Massenmordes an der eigenen Bevölkerung spüren und für den, der das möchte, bietet die Thematik reichlich Denkstoff. Ein weiteres unerfreuliches aber dringliches Thema, das die Kambodschaner bis in die Neuzeit verfolgt, sind die vielen Landminen und obendrein die Blindgänger der US-Bombenangriffe auf den Ho-Chi-Minh-Trail. Im Vergleich zu anderen Ländern trifft man auf eine hohe Zahl verkrüppelter Menschen und viele Gebiete des Landes gelten erst seit wenigen Jahren als von Sprengkörpern geräumt. Für uns war es erschreckend uns mit diesem Thema auseinander zu setzten und festzustellen, das auch heute noch Anti-Personen-Minen hergestellt und verwendet werden - unter anderem von Myanmar. Diese tödliche Gefahr für die Zivilbevölkerung, die auch Jahre nach dem Krieg noch so viel Leid auslöst gehört weltweit geächtet.
Für Europäer eher ungewohnt ist die kambodschanische Sitte, allen Abfall auf den Fußboden zu werfen. Nach den Essenszeiten ist solch ein Restaurant schon mal mit benutzten Papierservietten übersät. Müll scheint im Allgemeinen für Wohlstand und ein gut gehendes Geschäft zu stehen. Nach dem Motto: Man sieht ja das es hier gut ist, weil nach der Müllmenge zu urteilen viele Menschen hier essen. Im Plastikzeitalter ist diese Angewohnheit allerdings fatal. Überall im Land werden Plastikschalen und Einmal-Besteck vom Wind verweht und es ist schwer einen Quadratmeter ohne sichtbare Fragmente aus Polystyrol und -propylen zu finden. In den Städten riecht es oft säuerlich, denn die breiten Müllhaufen gären allerorten in der tropischen Hitze vor sich hin. Das Bewusstsein für Müllvermeidung und -trennung ist noch nicht in Kambodscha angekommen und alles in allem war es das zugemüllteste Land, das wir bisher bereist haben.
Ach du Schreck. Jetzt haben wir aber ganz schön viele unerfreuliche Dinge in unserem Resümee hintereinander aufgeführt. Man könnte meinen, ein Besuch Kambodschas lohnt nicht, wenn man die letzten Absätze so liest. Dabei haben uns einige Orte wirklich ausgesprochen gut gefallen und wir wissen nicht von vielen Plätzen, wo man vergleichbares sehen kann. Das historische kulturelle Zentrum des Khmer-Imperiums war Angkor. Das weitläufige Areal kann mit unzähligen Tempelanlagen, riesigen Stadtmauern und -toren und dem Juwel Angkor Wat aufwarten. (Link zum Blog-Post über Angkor Wat) Diese Tourismusattraktion der Superlative nahe der Stadt Siem Reap hat sogar die Roten Khmer beeindruckt und wurde daher von ihrer Zerstörungswut gegenüber religiösen Kultstätten verschont. Jeden Tag kommen tausende Touristen um die vergangene Pracht der Khmer Kultur zu bewundern. Wir haben ganze 5 Tage in den Tempelanlagen verbracht und immer noch nicht alles gesehen. Will man beim Betrachten der spirituellen historischen Stätten seine Ruhe haben, so muss man genügend Zeit mitbringen und die Hauptattraktionen azyklisch zu den Touristenmassen mit Ein-Tages-Ticket besuchen. Besucht man zum Beispiel am frühen Morgen Ta Prohm und um die Mittagszeit Angkor Wat, so ist es dort jeweils etwas weniger stark besucht. Wenn man genügend Zeit hat, dann kann man sich auf wenige Stunden Tempel-Sightseeing pro Tag beschränken. Unserer Erfahrung nach nimmt sonst die Begeisterung deutlich ab und man sieht irgendwann nur noch alte Steine. Besonders ans Herz legen können wir den Tempel bei Banteay Srei, die etwas längere Fahrt zu diesem kleinen aber besonders kunstvoll verzierten und gut erhaltenen Tempel lohnt in jeden Fall. (Link zum Blog-Post über die verschiedenen Tempelanlagen)
Ein weiteres Highlight unseres Aufenhaltes war die Zeit auf den Inseln Koh Rong (Link zum Blog) und Koh Rong Sanloem (Link zum Blog). Noch sind viele Strände unverbaut und man kann recht ursprünglichen Inselurlaub machen. Es gibt kristallklares Wasser an endlosen weißen Traumstränden, kleinere Riffe und Nachts Leuchtplankton zu sehen. Für uns war es das erste mal, dass wir mit den leuchtenden Kleinstlebewesen im Wasser schwammen und wir werden dieses überwältigend schöne Erlebnis wohl niemals vergessen. Definitiv ein must do! Sowohl auf den Inseln, als auch insbesondere in der Stadt Sihanoukville auf dem Festland ist ein Bauboom internationaler Investoren zu beobachten (Link zum Blog). Wer die Region so erleben will, wie wir, der muss schnell sein. Viele Sprechen bei Sihanoukville vom neuen Macau, denn das Ufer soll bald mit Casinos unter chinesischer Führung gepflastert sein. Auch auf den Inseln wird der Wald erst dem Feuer und schließlich dem Beton weichen, ein Fortschritt der sich gerade live miterleben lässt. In dem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass die Provinzen Kampot und Kep an der Südküste Kambodschas zu den saubersten Landstrichen zählen, die wir in diesem Land vorgefunden haben (Link zum Blog). Dennoch wird an die Inseln vor der Küste eine Menge Müll angespült, das von den Küstenstädten und über die Flüsse auch aus dem Landesinneren ins Meer gelangt.
Das wir in Kambodscha nicht so viel unberührte Natur gesehen haben und so viel Zeit in den Städten des Landes verbracht haben, liegt nicht daran, dass es in Kambodscha einen Mangel daran hätte. Wir waren über Weihnachten und Neujahr im Land und wollten nach der ereignisreichen Reise durch Thailand etwas Ruhe und die Feiertage nicht irgendwo im Niemandsland sondern unter Leuten verbringen. Den Jahreswechsel feierten wir in der Hauptstadt Phnom Penh. Die Stadt hat uns im Vergleich zu anderen südost-asiatischen Großstädten nicht so sehr gefallen. Das könnte aber auch sehr gut daran liegen, dass Max krank war und wir viel Zeit im Hotel verbracht haben und nicht viel unternommen haben. Wenn wir anderen Reisenden einen Tipp geben sollten, dann würden wir empfehlen anstatt die Hauptstadt zu besuchen in die Nationalparks im Südwesten des Landes zu besuchen. Außerdem fanden wir die Ziele im Osten des Landes, nämlich die Mekong-Inseln bei Kratie und die eher wilden Landschaften bei Mondulkiri interessant. Wenn wir wieder nach Kambodscha kommen sollten, dann werden wir diese Regionen erkunden.
Alles in allem können wir nur dazu raten, das Land selbst zu erleben. Auch wenn unser Resümee nicht so positiv ausfällt würden wir nicht von einer Reise nach Kambodscha abraten. Das uns die Nachbarländer Thailand und Vietnam ereignisreicher in Erinnerung bleiben werden ist zum Großteil unserem veränderten Reisestil in Kambodscha geschuldet. Bei einer Langzeitreise muss es jedoch auch Phasen der Entspannung geben und man kann nicht ewig nur von Abenteuer zu Abenteuer rennen. Dennoch war unser Aufenthalt alles andere als langweilig, denn das Land ist an sich etwas abenteuerlicher als die bequemeren Nachbarn. Kambodscha kam uns manchmal vor wie eine gesetzlose Insel, wo jeder tun und lassen kann was er will. Für viele ist das sicherlich ein Paradies. Chinesische und internationale Investoren - die sich sicherlich große Gewinne versprechen, westliche Aussteiger - die von einem besseren Leben träumen und die neue Generation Kambodschaner, die nach den Gewaltexzessen der Vergangenheit geboren wurden und genauso in Frieden und Wohlstand leben wollen, wie wohl jeder Mensch auf dieser Welt: Das Land ist im Aufbruch.
Die gelebte Freiheit in diesem Land treibt auch ihre skurrilen und unerfreulichen Blüten. Es scheinen nur wenige Regeln zu bestehen und noch weniger davon werden umgesetzt. Der Verkehr ist eine lebensgefährliche Katastrophe und unserer Meinung nach die Hauptgefahr für Reisende in dem Land. Drogen- und Sextourismus sind allgegenwärtig. Kinderarbeit und bittere Armut begegnen dem Reisenden so gut wie jeden Tag. Das sind jedoch keine Gründe das Land nicht zu bereisen. Von einem Besuch profitieren sowohl die Einheimischen, denn mit den Touristen lässt sich gutes Geld verdienen. Zum anderen wurden wir ganz konkret mit Problemen konfrontiert, die man in seiner Wohlstandsblase in Europa viel einfacher ignorieren kann. Kommt einfach und seht selbst!
Zum Schluss noch eine letzte Empfehlung: Die Unterkunft mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis hatten wir in Siem Reap bei Angkor Wat. Wir hatten sehr interessante Gespräche mit dem deutschen Bseitzer des Firefly Guesthouse - the Berlin Angkor und legen jedem die Übernachtung in diesem Haus nahe. Die Lage ist optimal: Ruhig, nahe einem lokalen Markt, zwischen dem Stadtzentrum und den archäologischen Stätten gelegen. Die Zimmer sind für kambodschanische Verhältnisse luxuriös eingerichtet, der Preis liegt aber im Durchschnitt. Uns hat die Freiluft-Küche auf dem Dach und das kostengünstige Auffüllen von Wasserflaschen sehr gut gefallen. (http://www.fireflyguesthouse.com/)
So! Endlich kann ich in Ruhe schreiben. Bei meinem Versuch die Tage einen Kommentar mit meinem Handy zu verfassen hat es mir nämlich ständig den Text zerschossen.. naja.
AntwortenLöschenAlso vorweg- super Beitrag. Ich finde du solltest dir nicht so viele Gedanken machen ob du zu viele negative Sachen schreibst. Bisher hatte ich immer das Gefühl, dass du versuchst so objektiv wie möglich zu schreiben und vor allen Dingen immer erklärst, wieso weshalb warum. Außerdem kommt mir persönlich deine nicht unnötig geschönte Art zu erzählen zu Gute.
Die Länder müssen sich ja auch irgendwie unterscheiden. Wäre doch doof wenn kambodscha einfach nur thailand 2.0 wäre... mach einfach so weiter wie bisher, das fänd ich am besten. :D Langkawi hat sich zum beispiel sehr lustig gelesen und obwohl ihr so ein bisschen hirnmatschig zu sein scheint, hab ich doch erfahren was es auf der Insel so gibt.
liebste lieblingsgrüße von der reisepinguinen auf deutschlandtour!
Danke für das feedback!
AntwortenLöschenIch habe ganz vergessen zu erwähnen, das Kambodscha das jüngste Land ist, dass wir bisher bereist haben. 50 % der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Es wimmelt gerade so vor Kindern. Die sind alle sehr an den langnasigen Touristen interessiert und man wird ständig "Hello, hello, hello!!!" gegrüßt. Es ist ganz wunderbar, wie die kleinen schmutzigen Gesichter einen anstrahlen, wenn man zurück grüßt.
Max