Unsere vorerst letzte Station auf der Reise südwärts entlang der Ostküste Malaysias war die Stadt Mersing. Den kurzen Aufenthalt verbrachten wir mit alltäglichem und Dingen die zuhause nichts besonderes wären, in der Ferne jedoch schon. Wir fanden eine nette Bäckerei, bei der unter chinesischer Führung herrliche Torten angeboten werden. Die Auswahl reicht von Käsekuchen und Schwarzwälder Kirsch bis zur Spongebob-Torte. Für Max gab es einen 2 € Haarschnitt beim indischen Frisör. Das war auch eine Vorsichtsmaßnahme, denn wir hatten zuletzt mit Läusen zu ha(ar)dern. Vor allem in Annas langen schönen Haaren fühlten die sich besonders wohl und planten eine neue Zivila(us)tion. Zum Glück gibt es auch in diesen Breiten ein umfangreiches Spektrum an Mittelchen gegen die Plagegeister und dank gründlichem und geduldigen Auskämmen mit einem feinen Kamm konnte Annas Haarpracht gerettet werden. So viel Zeit wie wir in Bussen und immer wieder neuen Betten verbringen ist es wohl kein Wunder sich auch mal Läuse einzufangen. Von Flöhen und Bettwanzen wurden wird auf unserer Weltreise bislang verschont.
Die Fähren aus Mersing steuern mehrere Jetties auf Pulau Tioman an. Die Überfahrt dauert etwa 2 h und kostet 70 RM p.P. für Hin- und Rückfahrt (ca. 14€). Wir haben uns für den letzten Halt entschieden und verbringen unsere Zeit auf Tioman bei Salang nahe dem nördlichen Ende der Insel. Hier ist nicht so viel los wie am Hauptpier Tekek und es gibt insbesondere keine Straßen und Autos, nur schmale Betonwege und ein paar Mopeds. Wir haben uns in der Umgebung vom Pier in Mersing beraten lassen und von der örtlichen Reiseagentur ein Bungalow bei Putari Salang Inn vermittelt bekommen. Für 105 RM pro Nacht (21€) gibt es ein kleines und verwohntes Häuschen mit Ventilator. Abseits vom Strand inmitten einer gepflegten und ruhigen Anlage mit idyllischen Mango- und Wasseräpfel-Bäumen sowie Kokos-Palmen gelegen und mit Moskitonetz ausgestattet bietet diese Unterkunft alles was wir benötigen zum günstigen Preis. Im Gemeinschaftsbereich kann ein Kühlschrank benutzt werden und es steht Wasser und Kaffee zur Verfügung. Außerdem kann man einen großen Grill und Schnorchel-Equipment leihen und wir durften sogar die Waschmaschine benutzen – wahrscheinlich aber nur weil an diesem Tag nicht viel los war und wir so lieb gefragt haben. Wir verstehen uns gut mit dem Verwalter Eddie. Da haben wir also eine tiptop Basis gefunden.
Rings um die Bungalows treiben Javaner-Makaken ihr Unwesen und Warane mit bis zu 1,60m Länge züngeln nach Essbarem. Wir schätzen das Inselleben im Grünen immer sehr, aber eigentlich sind wir wegen der Unterwasserwelt nach Pulau Tioman gekommen. So machten wir uns kurz nach der Ankunft in Salang bereits auf die Suche nach einem geeigneten Dive-Center für unsere geplanten Unternehmungen. Bei den Marine Monkees fanden wir eine angenehme Atmosphäre als auch günstige Preise und trafen die Vorbereitungen für zwei Tauchgänge am darauf folgenden Tag (200 RM p.P.). Das Angebot, die Tauchmasken und Schnorchel gleich für eine Erkundung des örtlichen Riffes bei Sonnenuntergang mit zu nehmen, nahmen wir dankend an. Am südlichen Rand der Bucht wird das Riff und die Schnorchler durch eine Bojenlinie von der Boots-Schneise nahe des Jetty geschützt. Es empfiehlt sich, dem Riff von den Bojen aus entgegen zu schwimmen, denn dort wird das Wasser schnell tiefer. Geht man an einer beliebigen Stelle ins Wasser und schwimmt Richtung Meer, so findet man sich höchstwahrscheinlich innerhalb kürzester Zeit inmitten wunderschöner, aber auch sehr scharfkantiger und fragiler Korallen wieder, die nur knapp unter der Wasseroberfläche gedeihen. Je nach Tide ist ein Durchkommen ausgeschlossen oder mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden. Das Risiko gilt hier für beide Seiten, denn so schön die Korallen und anderen Unterwasserlebewesen aus sein mögen, der Kontakt ist für Mensch und Tier schnell mit Verletzungen verbunden.
Max hätte nie gedacht, dass es ihm einmal zu viele Korallen sein könnten. Aber jedes Mal, wenn er sich versehentlich im seichten Riff wiederfand, war er sehr froh sobald sich der Abstand zu den Korallen erneut vergrößerte. Man kommt hier den Fischen und Wirbellosen auf jeden Fall so nah, wie man möchte. Erst wenn man seine Hand nach den Tieren ausstreckt entschwindet alles in die schützenden Ritzen oder ist mit ein paar kräftigen Flossenschlägen auf und davon. Wir waren so vom Schnorcheln direkt in unserer Bucht begeistert, dass wir uns gleich mehrfach kurz nach Sonnenaufgang und kurz vor Sonnenuntergang in die Fluten gestürzt haben. Morgens schützt einen die Insel vor dem direkten Sonnenlicht. Wir versuchen auf Sonnencreme zu verzichten, denn diese schädigt die Organismen unter Wasser und ist insbesondere schlecht für die Korallen, die ja allen anderen Tieren das Zuhause bilden. Abends schwimmen wir mit Klamotten und vertrauen darauf, dass das schwächere Licht der tiefstehenden Sonne die vorgebräunten ungeschützten Körperstellen nicht zu sehr verbrennt.
Zum Tauchen ging es mit dem Boot etwa 15 min nach Sipandan und Renggis, zwei Tauchspots unweit der Insel, aber etwas weiter südlich gelegen als Salang. Wir sahen beim ersten Tauchgang unter anderem Batfish, Angelfish, Titan Triggerfish, Copperband Butterflyfish und Bluespotted Whipray. Hier ging es hinab zu künstlichen Strukturen aus Beton, bei denen wir zum ersten Mal durch etwas hindurch tauchten. Das Tauchen durch einen Tunnel aus Beton-Segmenten war für uns sehr abenteuerlich und nur Dank der ausgezeichneten Sicht von etwa 15 m möglich. Nach einer Mittagspasue am Tekek Pier ging es zu kleinen Insel Renggis, wo wir schon kurz nach dem Abtauchen unseren ersten Blacktip Reefshark und zum ersten Mal eine Hawkbill Turtle sahen. Diese beiden Spezies sind natürlich allein schon wegen ihrer Größe etwas besonderes. Einem Hai in seinem eigenen Element zu begegnen ist definitiv mit etwas Nervenkitzel verbunden, obwohl Riffhaie keine Menschen angreifen sondern sich eher scheu von dannen machen. Die Schildkröte ist ein durch und durch friedfertiges Lebewesen. Sie beim Auf- und Abtauchen sowie dem Fressen zu beobachten kommt einer Meditation gleich und ist sehr beruhigend. Gegen Ende des Tauchgangs hatten wir Probleme mit beschlagenen Masken und mussten immer wieder gegen eine Strömung anschwimmen. Da waren wir froh, dass wir uns an diesem Tag sonst nichts weiter vorgenommen hatten.
In Punkto Tiersichtungen stand das Schnorcheln auf gleichem Level im Vergleich zum Tauchen. Während den unterschiedlichen Exkursionen, bei denen wir dank der außergewöhnlichen Uhrzeit meist die einzigen Menschen in Sichtweite waren, gab es ebenfalls den Hai, mehrere Schildkröten, riesige Falterfische, Schützenfische, Blaupunkt Rochen und unzählige Spezies von Papageifischen und anderen farbigen Rifffischen zu entdecken. Ein besonderes Erlebnis war die Sichtung einer 1,70 m langen Moräne. Das grün-braune Ungetüm von einem Fisch schlängelte sich mit seinem finsteren Blick direkt unter uns hindurch. Da beschleunigt sich der Puls erst einmal. Wir konnten beobachten wie sich der Räuber von im Vergleich winzigen blau gestreiften Putzerfischen säubern ließ und immer wieder zurück zuckte wenn die Putzerfische zu grob zubissen. Tja, harte Schale weicher Kern? Jedenfalls schienen die kleinen Fischlein vor der Moräne weniger schiss zu haben als wir. Ein kleiner bunter Fisch knabberte auch Anna an, denn eins ihrer Muttermale sah wohl zu verlockend aus. Da sieht man mal wieder, dass man sich von seinem ersten Eindruck nicht täuschen lassen darf. Der ein oder andere Raubfisch mit düsterem Ruf erschien uns eher ängstlich und verletzlich und kleine bunte Fischies beißen dreist in alles, was sie für essbar halten. (Mehr Bilder gibt's hier.)
Beim Schnorcheln sahen wir außerdem einige Cuttlefish. Diese etwa einen halben Meter großen Kopffüßer bewegen sich anmutig mit wellenförmigen Bewegungen des Flossensaumes an ihrem Rumpf vorwärts, während die Tentakel der Kopffüßer meist unschuldig zusammen gezogen über die räuberische Lebensweise hinweg zu täuschen versuchen. Für uns ist es immer eine Begegnung der dritten Art, denn zusammen mit der ungewöhnlichen Form und Fortbewegungsweise ist es vor allem die Fähigkeit zur Farbänderung die uns an den Sepien fasziniert. Je nach Untergrund erscheinen die zu groß geratenen Calamari hell oder dunkel und passen auch die Musterung ständig der Umgebung an, während sie so durchs Wasser schweben. Alles in allem könnt ihr euch also auf ein super Video gefasst machen, allerdings waren die Sichtungen mit den eigenen Augen ungleich spektakulärer. Noch nirgendwo haben wir eine solche Artenvielfalt und so viele große Spezies unter Wasser beobachtet. Besonders das entspannte Beobachten der Schildkröten war ein magisches Erlebnis. (Link zum Video)
Leider war nicht jeder Eindruck auf Tioman positiv. Auf dem Weg vom Pier zu unserer Unterkunft lag so viel Unrat, dass wir einen Nachmittag damit verbrachten dort auf zu räumen. Obwohl Plastik und Dosen auf der Insel gesammelt werden um sie zu recyceln, schmeißt so mancher einfach alles weg wo auch immer er geht und steht. Das macht uns sehr wütend und wir verstehen gar nicht, warum man die ganzen in Plastik verpackten Produkte überhaupt braucht. Kauft man Speisen und Getränke in den Restaurants und Buden, so sind die Reisgerichte, Fruchtsäfte und Co in wiederverwertbaren Behältnissen. Die pappsüßen oder fettigen Produkte von Nestle, CocaCola und Konsorten sind in PET, Alu und Zellophan verpackt. Der Mist liegt dann überall rum und niemand fühlt sich verantwortlich. Eine Schande ist das. Die Welt wäre ohne diese Produkte besser dran. Vor etwa einer Woche kamen wir an einer Mülldeponie auf dem Festland vorbei. Wenn man die gigantischen Mengen Abfall visualisiert, die jeden Tag auf der Erde entstehen, dann versteht man, dass jede eingesparte Plastikverpackung zählt. Das gilt in Malaysia genau so wie in Deutschland.
Wir schnorcheln immer ohne Flossen und Schwimmweste, denn wir fühlen uns so wohler und empfinden uns mehr als Teil der Unterwasserwelt und weniger als störende Plastik-Boje. Mit den Flossen ist außerdem das Risiko größer den Grund aufzuwirbeln oder die filigranen Strukturen abzubrechen. Max hat im Wasser jemanden beobachtet, der mit Schnorchel, Flossen und Schwimmweste am Leib wortwörtlich über die Korallen gelatscht ist. Am liebsten hätte er den malaiischen Touristen an Ort und Stelle ersäuft. Anna lehnt die körperliche Züchtigung der Umweltzerstörer ab. Sie sagt das bringe doch niemanden zur Einsicht. Max zweifelt ob man solche Leute überhaupt zu irgendeiner Selbstreflektion bringen kann und möchte die Backpfeifen nicht austeilen, damit sich die anderen ändern, sondern einfach nur zu seiner persönlichen Genugtuung. In dem Frust über den Müll entschieden wir als nächstes einen Abstecher nach Singapur zu machen. Über die „Fine City“, sagt man ja, dass sie dank drakonischer Strafen sehr sauber sein soll. Wir werden sehen und berichten.
Zum Abschied von Salang machten wir noch einen Shore-Dive. Dabei ging es direkt vom Jetty ins Meer. Unterhalb des Piers lebt ein großer Fischschwarm. Die synchronen Bewegungen um uns, den von unseren Atemreglern aufsteigenden Luftblasen und den Stützen des Piers herum zu betrachten hat eine fast hypnotische Wirkung. Wir sammelten auch ein bisschen Müll unter Wasser. Etwas weiter draußen liegen absichtlich versenkte Strukturen, darunter auch ein Fahrrad und ein Moped. Hier soll ein künstliches Riff entstehen und man kann lustige Fotos machen. Uns gefallen die natürlichen Formen, die wir in Form von Hart- und Weichkorallen in allen vorstellbaren Farben bewundern konnten viel besser als der Zivilisations-Schrott. Wir hatten Glück und konnten noch eine Gruppe der großen Büffelkopf Papageifische beim Korallen mampfen beobachten. Die Schule von knapp zehn Tieren soll sich hier nur selten blicken lassen. Die Sicht war während unseres Tauchgangs nicht berauschend, aber für 55 RM p.P. (11€) kann man nichts sagen.
Wow, das ist ja ein kleines Paradies da bei euch. Die Fotos sind toll, nicht nur die Unterwasserbilder, auch die Nachtfotos und Sonnenuntergänge machen richtig Fernweh :D
AntwortenLöschenWas für ein toller Eintrag. Zunächst erheitert über die fabelhaften Wortwitze, dann fasziniert über eure Unterwasserbegegnungen - Hai und Titan Triggerfish (die beiden sind mir ein Zahn zu viel am Anfang) und schließlich der geteilte Unmut über Plastik und Naturzerstörer. heute helfen wir beim Aufräumen des Strandes. ( hier gibt es kaum Mülleimer )- und auch irgendwie keine Gegenstromosmoseanlagen - heißt du musst dir die Flaschen kaufen - Bockmist. Unsere Tauchschule hatte zwar ein Mülltrennungssystem - allerdings wirft die Putzfrau eh all es in einen Sack... Lagorn ka / kap lisa und Jonas
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