Mittwoch, 2. Mai 2018

Die Ostküste Malaysias hinab

Durch Malaysia reisen wir so ganz anders, als durch die Länder zuvor. Meist hatten wir einen vorgefassten Plan, was die Abfolge von Ländern und die jeweils zu besuchenden Orte anging. Das hat viele Vorteile, denn man kann von einer Touristenattraktion zum nächsten Höhepunkt hüpfen und erlebt sehr viel in kurzer Zeit. Es gibt aber auch Nachteile. Zum einen ist diese schnelle Art zu reisen sehr anstrengend und man verbringt schlussendlich viel Zeit in Bussen und anderen Verkehrsmitteln. Außerdem lernt man in den touristischen Hotspots nichts über das Land und seine Menschen, sondern bekommt einen Mikrokosmos zu sehen, der von und mit den Touristen lebt. Letzter echter Fixpunkt unserer Weltreise war das Treffen mit Philipp und Steffi. Seitdem lassen wir uns regelrecht treiben, denn wir sind des Planens müde. Eigentlich wissen wir gerade nur, dass wir uns mit Jonas und Lisa treffen wollen, sobald die beiden auch in Malaysia ankommen und das wir irgendwann über Indonesien und Australien nach Neuseeland wollen.

Ursprünglich hatten wir Malaysia überhaupt nicht auf der Liste unserer Wunschdestinationen. Man bemerkt beim Reisen jedoch sehr schnell, dass es nicht wirklich darauf ankommt, in welches Land man genau reist. Überall lassen sich schöne Erfahrungen machen und es gibt viel zu entdecken. Selbst in kleinen Ländern kann man viel Zeit verbringen ohne sie komplett gesehen zu haben. Das klingt eigentlich logisch, aber aus der Ferne betrachtet scheint die Welt aus must-sees und uninteressantem Ödland zu bestehen. Es zeigt sich jedoch, dass gerade die angeblich tollsten Orte der Welt derart von Touristen überschwemmt werden, dass sie fast ihren Reiz verlieren. Die lokale Bevölkerung stumpft angesichts der Menschenmassen ab und das schnelle Geschäft lockt die Raffgier. Anderenorts begegnen einem die Menschen mit echter Freundlichkeit und Interesse. Schließlich gibt es viele Regionen, dort ist schlichtweg der Tourist die größte Attraktion und alle wollen wissen woher man kommt, ob man sich verlaufen hat, lächeln dich an oder starren einfach nur. Einfach weil es weit und breit sonst keine langnasigen Menschen gibt, wird der Aufenthalt an solch einem Ort zu etwas ganz besonderem, weil jeder dich wie etwas ganz exotisches behandelt.

Jetzt sind wir also in diesem Land und wollen uns erst in einigen Wochen hier mit Lisa und Jonas treffen. Unserer neuesten Lieblingsbeschäftigung, dem Tauchen, können wir leider nicht so oft nachgehen. Denn schon bei dem kleinsten Zimperlein - lass es Rückenschmerzen, eine Blase am Zeh oder eine verstopfte Nase sein - lassen wir lieber die Finger davon. Dennoch wird uns nicht langweilig, obwohl wir bisher noch nicht einmal das innere der Halbinsel erkundet haben, sondern einfach nur an der Küste herum schlawenzeln. Wir mögen das Land sehr. Fast jeder spricht etwas Englisch und das macht das Reisen einfach, auch wenn wir dadurch niemals den Anreiz hatten die Landessprache zu lernen. Die gute Infrastruktur macht das Leben als Urlauber hier unkompliziert. Wir haben das Gefühl noch nie mehr als den Preis für die Einheimischen bezahlt zu haben. Das will schon was heißen, denn in anderen Ländern ist das ganz anders. In Vietnam wirst du auch beim Möhren kaufen über den Tisch gezogen. Hier kostet alles so viel wie es kostet, es gibt teure Restaurants und billige Straßenstände - aber überall zahlt jeder das gleiche.

Bei unserer Reise entlang der Ostküste machten wir Halt in Dungun und Kuantan, zwei Städte die unterschiedlicher nicht sein können. Dungun war interessant für uns, weil man von dort aus nach Pulau Tenggol übersetzen kann. Diese noch nicht so touristische Insel bietet all-inclusive Tauchpakete in vier verschiedenen Dive-Resorts. Sonst ist dort keine Infrastruktur vorhanden. Diese Pakete waren uns aber etwas zu unflexibel und teuer, denn irgendwie haben wir durch den ständigen Bettenwechsel alle beide gerade Rückenprobleme und wenn man dann einen angesetzten Tauchgang nicht wahrnehmen könnte, dann bekommt man nichts vom Paketpreis erstattet. Auch die sicherlich verlockenden inkludierten Buffets in den Resorts sind uns eigentlich zu viel, denn an den meisten Gelegenheiten reicht uns ein Nasi Goreng mit Gemüse völlig aus. Gerade vor dem Tauchen empfiehlt es sich ohnehin nicht zu viel zu essen.

Während wir mit den Dive-Resorts auf Tenggol korrespondierten erkundeten wir die Stadt Dungun, die eigentlich gar keine Stadt ist, sondern wirkt wie ein endlos langes Dorf am Strand. Es gibt kaum Gebäude mit mehr als drei Stockwerken und keinerlei erwähnenswertes Merkmal. Läuft man Freitag Mittags durch die Stadt, so begegnet man keiner Menschenseele, die Rollläden der Geschäfte sind runtergelassen und die Gehsteige sprichwörtlich hochgeklappt. Während des Freitagsgebets hat sogar Pizza Hut zu. Um halb drei Strömen die Menschen aus den Moscheen zurück zur Arbeit. In allen Straßen flattern hunderte, nein tausende von Fahnen, als Wahlwerbung für die bevorstehende Parlamentswahl. An den Straßenständen gibt es die üblichen Gerichte wie Curry Nudeln und Reis, immer mit Fisch oder Hühnchen. Wenn man fragt, dann bekommt man aber auch eine vegetarische Version, so lange man sich nicht daran stört, das aus den gleichen Töpfen geschöpft wird und nur kein Fleisch auf deinem Teller landet. In dieser Stadt kann man den Alltag der muslimischen Malaien beobachten, denn sonst gibt es hier nichts zu tun. Dramatische Szenen spielten sich bei einem Verkehrsunfall und einem Wohnhausbrand ab, ansonsten waren unsere Highlights frische Melonen aus dem Garten oder das Spiel mit den unzähligen Katzen, die überall herumstromern.




Kuantan ist hingegen eine richtige Stadt, allerdings aus ohne nennenswerte touristische Attraktionen. Unsere Unterkunft, das Classic Hotel liegt unweit der Sultan Ahmad Shah Moschee. Neben vielen weiteren kleinen Moscheen findet man in der Stadt auch christliche Kirchen und hinduistische Tempel. Bei unseren Streifzügen während der milderen Temperaturen nach Sonnenuntergang stießen wir auf eine Versammlung indisch stämmiger Gläubiger vor einem Tempel. Ein beleuchteter Prozessionswagen war soeben eingetroffen und es wurden verschiedene Opfergaben herbei getragen. Es spielte Musik und Tänzer sorgten für Unterhaltung. Alle waren herausgeputzt, mit Glitzerkleidern und schönen Frisuren. Wir waren die einzigen langnasigen, fahlen Gestalten in Sichtweite, aber auch Chinesen und Malaien waren nicht auszumachen. In den größeren Städten findet man alle Volksgruppen, jedoch nicht immer am gleichen Ort. Läuft man beispielsweise Abends durch den Park Talman Gelora, so sieht man vor allem chinesisch Stämmige beim Joggen oder anderem Sport. So hat jede Volksgruppe stereotype Verhaltensweisen. Zurzeit sehen wir etwa einen anderen Westler pro Tag, deren Stereotyp ist übrigens mit Sommerklamotten und Rucksack herum zu laufen.

Obwohl nicht viele Europäer oder andere Langnasen anzutreffen sind, so gibt es in den Malls nach westlichem Vorbild jedoch alle Produkte, die wir von zuhause gewöhnt sind. In einem sehr gut sortieren Sportgeschäft haben wir zuletzt verschlissene Kleidung und Schuhwerk ersetzt. Im Supermarkt erstanden wir die Zutaten für eine ordentliche Vesperplatte mit Brot, Käse, eingelegten Gurken und Trauben. Das sind hier exotische Spezialitäten und die Preise sind im Vergleich zu Reis-Curry-Gerichten in den Restaurants geradezu obszön, aber wir wollten uns zur Abwechslung mal wieder ein bisschen in heimischen Genüssen schwelgen. Isst man beim Inder um die Ecke, so rollt man total vollgestopft aus dem Restaurant und hat dennoch für zwei Personen inklusive Getränke nur 4 € ausgegeben. Ein Reis oder Nudelgericht an einem Straßenstand kostet meist um einem Euro.





3 Kommentare:

  1. Wir sind heute auf dem Weg von Bahnhof zum Hostel (ca 1 km) drei mal von Autofahrern gefragt wurden, ob wir wissen wo wir hin wollen und was wir hier machen. Keine touris in der Gegend! ..aber so konnten wir richtig schön zwischen einem Haufen Thais zu Abend essen und alle sind sehr nett hier. ��
    Ich sehe in deinen Texten viele Parallelen zu unseren wenigen Erfahrungen bisher.

    Achso: Hat dein mächtiger Bart bei der muslimischen Bevölkerung für Begeisterung gesorgt? Ich frage ganz ehrlich.

    Bis bald in Malaysia und grüüüße!

    AntwortenLöschen
  2. Jetzt habe ich es wieder geschafft und bin auf Stand :) Malaysia hört sich echt toll an wenn man das alles so liest. Bin schon gespannt, was ihr sonst noch so erlebt.

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Ihr Lieben, wir waren am Wochenende in Steinforth. Die Großeltern sind jetzt - aufgrund der zugesandten Ausdrücke voll dabei. Prima! Gruß aus Steinforth und Hattingen

    AntwortenLöschen

Wir freuen uns riesig über eure Kommentare!