Samstag, 29. Juli 2017

Quito


Die Hauptstadt von Ecuador hat viele Kolonialbauten und ist deshalb Weltkulturerbe. Unser Hotel liegt genau zwischen dem historischen Zentrum und der modernen Innenstadt. Quito ist eine sehr schöne Stadt und wir haben uns beide Stadtteile genau angeschaut. Uns gefallen die vielen Kirchen, wie zum Beispiel die Basilica. In der Iglesias San Francisco waren wir sehr beeindruckt vom Goldschmuck überall im Inneren. Wir sind mitten in die Kommunion beim Sonntagsgottesdienst geraten und es herrschte eine sehr andächtige Stimmung.




Die vielen Plätze und Parks gefallen uns auch sehr gut. Hier können wir unserer Lieblingsbeschäftigung in Quito nachgehen, nämlich essen. Es gibt eine sehr große Auswahl an Obst, Garküchen, Gebäck und Süßigkeiten. Wir konnten also unser Ernährungsdefizit aus dem Regenwald kompensieren. Bei den mobilen Ständen und den vielen Restaurants probierten wir in letzter Zeit diverse einheimische Speisen: Empanadas (frittierte, gefüllte Teigtaschen), Humitas (in Maisblättern gekochter Maisbrei mit Käse), Quimbolitos (Süßgebäck im Bananenblatt), Bolones (Kochbananen-Bällchen) und Muchines (frittierte, gefüllte Maniok-Stampf Kugeln). Bestellt man ein Almuerzo (Mittagessen), so bekommt man für 2 bis 3 $ zuerst eine Tagessuppe, dann ein Hauptgericht - meist Hähnchen und Reis - und natürlich ein Getränk. Wenn man Glück hat, sogar eine kleine Nachspeise.



Unser Viertel Alameda ist außerdem bekannt für die vielen Garküchen, die Moto (gekochter Mais) mit Kartoffeln, Fleisch mit Soße, Salat und Aji (scharfe Soße) verkaufen. Wir mögen das  Essen gerne, vermissen aber deutsches Brot und leckeren Bergkäse. Die Bäcker und Käser hier verstehen ihr Handwerk nicht so wie in Europa. Erstaunlicherweise finden wir leckeres Craft-Bier in den Supermärkten. Wir tranken schon Bier, dass genau am Äquator gebraut wurde und während wir diese Zeilen schreiben, genießen wir Schwarz- und Weißbier.

Heute probierten wir wieder viele neue Speisen, darunter Spanferkel mit etwas wie Kartoffelklößen - sehr gut 😁, aber auch sehr gewöhnungsbedürftige Gerichte wie Chanfaina (Lungengulasch), was wir beim Kauf für normales Gulasch gehalten haben. Max musste dann alleine aufessen, denn Anna hat bei der Konsistenz gestreikt.









Zur Akklimatisierung für unsere anstehende Trekking Tour zum Quilotoa fuhren wir mit dem TelefériQo, der Seilbahn der Stadt, auf knapp 4000 m und stiegen dann noch etwa 400 m weiter auf in Richtung des Gipfels des Rucu Pichincha. Leider war es bedeckt und wir konnten die Spitzen der vielen Gipfel um uns herum nicht sehen, hatten dafür aber einen großartigen Blick auf die Stadt. Morgen brechen wir nach Latacunga auf und starten dann bald die geplante Bergtour von Dorf zu Dorf.

Sonntag, 23. Juli 2017

Choco Regenwald

Link zum Video

Es gibt sehr viel zu berichten von unserem mehrtägigen Abenteuer im Choco. Der Trip begann mit der Reise nach Puerto Quito in der Provinz Esmaraldas im Nordwesten Ecuadors. Früher war die ganze Region bewaldet und der Choco-Wald erstreckte sich vom Süden Panamas bis hin nach Peru. In den letzten Jahrzehnten wurde der Regenwald im Tiefland westlich der Anden in Ecuador massiv abgeholzt. Auf der Busfahrt sahen wir das hügelige Grasland, dass übrig bleibt, wenn man auf den kargen tropischen Böden nur wenige Jahre nach der Abholzung des Regenwaldes nichts mehr anbauen kann.

In Puerto Quito wurden wir von Raul Nieto abgeholt und zu seinem etwas außerhalb gelegenen Haus gebracht. Eigentlich wohnt Raul mit seiner Familie in Puerto Lopéz, wo er die Hosteria Itapoa betreibt. Bei dieser Unterkunft hatten wir von der Möglichkeit eine Exkursion in den Regenwald zu unternehmen erfahren und uns bei der nächsten geplanten Tour angemeldet. Die Gruppe bestand aus Studenten aus New York und zwei Dozenten, einem Biologen und Tierfotografen, mit uns insgesamt drei Langzeit-Reisenden, Raul und seinem erwachsenen Sohn und zwei Helferinnen. Das Haus in Puerto Quito hat einen wunderbaren Garten, der am ehesten mit Eden vergleichbar ist. Hier wachsen nicht nur Ananas, Sternfrucht, verschiedenste Bananenarten, Passionsfrüchte, diverse Arten von Kakao, eine Sammlung von Bromelien und blühender Sträucher sondern auch dutzende andere Arten tropischer Obstsorten, bei denen wir uns weder den spanischen noch den englischen Namen merken konnten, geschweige denn das wir sie jemals zuvor gesehen oder gegessen hätten. Wir sind schon am ersten Abend Opfer unzähliger Bisse und Stiche geworden und mussten erst lernen uns mit langen Klamotten und Abwehrsprays gegen die Insekten zu wehren.

Am nächsten Morgen brachen wir um vier Uhr in der Nacht nach Cristobal Colon auf, 40 km nördlich von Puerto Quito gelegen. Die Fahrt war zuerst rasant über neu asphaltierte Straßen und dann ruckelig über staubige Wege voller Schlaglöcher. Unterwegs sah man die gigantischen Monokulturen der Palme, aus deren Früchten das Öl für unsere Kosmetika, Lebensmittel und Bio-Kraftstoffe gewonnen wird. Auch hier musste der Regenwald schon den menschlichen Bedürfnissen weichen, aber die Böden sind noch nicht völlig ausgelaugt. Nach dem Frühstück in Cristobal Colon startete unser 10 stündige Marsch zum Itapoa Reserve, einem Stück Regenwald, dass Raul und viele Kooperationspartner vor Jahren gekauft hatten, um es vor der Abholzung zu retten. Unser Gepäck wurde zum Großteil von Maultieren getragen.  Vom Choco Regenwald unterhalb von 500 m ü. NN sind in Ecuador nur noch 2% erhalten, was dem Gebiet besondere Bedeutung verleiht. Später mehr zu den verschiedenen Tierarten, die die Region einzigartig machen. Bereits der Hinweg war voller interessanter Entdeckungen. Anna hat ihr Talent für das Erspähen von Taranteln und Vipern entdeckt. Der beschwerliche Marsch mit Gummistiefeln durch Morast und mehrere kleine Anhebungen und Flüsse war nötig um in die wirklich unberührten Regionen des Waldes vorzudringen. Unterwegs querten wir immer wieder gerodete Parzellen, in denen von Bauernfamilien Bananen und Kakao angebaut und Nutztiere gehalten werden.


















Unser Lager in Itapoa war neben einem Fluss, in dem sieben verschiedene Arten transparenter Amphibien, sogenannte Glas-Frösche, zu finden sind. Dies macht den Ort wirklich einzigartig auf der Welt. Wir bauten die Zelte auf einer überdachten Plattform mit Feuerstelle auf und wuschen unsere schwitzigen und schlammigen Klamotten und Körper im klaren, kühlen Wasser des Flusses. Rund um das Lager wachsen einige Kakao- und Bananenpflanzen, die vom Vorbesitzer stammen. Nachts hört man Millionen von Insekten und immer wieder die Rufe der Brüllaffen, die nach den Walen die zweitlautesten Lebewesen auf unserem Planeten sind. Wir fielen müde ins Bett, die professionellen Biologen gingen noch in der ersten Nacht auf die Suche nach Glas-Fröschen.

Den ersten vollen Tag im Regenwald bekamen wir zunächst einige in der Nacht gefangene Exemplare der faszinierenden transparenten Amphibien gezeigt und man erklärte uns viele Dinge im Zusammenhang, danach liefen wir den erwähnten Fluss entlang. Wir hatten Gelegenheit bei einem Wasserfall zu schwimmen. Max ließ sich von etwa zwei Meter herabstürzenden Wasser den Rücken massieren. Bei dieser Gelegenheit übten wir mit unseren Gummistiefeln auf den glitschigen Steinen den Flussbettes zu laufen ohne auszurutschen. Nachts liefen wir dann den gleichen Weg noch einmal um nachtaktive Spezies zu entdecken. Es gab Insekten, Amphibien, Reptilien und Spinnen zu sehen. Die Augen der Spinnen reflektieren das Licht der Kopflampen, so dass sie aussehen wie dutzende Diamanten auf den größeren Steinen im Flussbett. Die Art kann auf Wasser laufen und jagt nach Fischen und einige Exemplare waren über Handteller groß. Anna fand eine giftige grüne Viper und eine Korallenschlange.


























Am zweiten Tag liefen wir stundenlang den über die dicht bewaldeten Hügel auf der Suche nach Affen. In dem Gebiet leben neben den Brüllaffen auch noch Klammeraffen. Diese Art verlässt niemals die Baumkronen und ist somit besonders beeinträchtigt, wenn Straßen den Regenwald durchkreuzen. Klammeraffen werden niemals auf den Boden klettern um eine Straße zu überqueren. Straßen zergliedern den Regenwald, wodurch die Artenvielfalt abnimmt. Man spricht dann vom “leeren Wald”, der zwar noch grün aussieht aber in dem sich zum Beispiel keine Affen mehr finden lassen. Raul hofft, dass sein Itapoa Gebiet auch weiterhin unzugänglich und belebt bleibt. Er erklärte uns, dass der einfache Zugang durch eine erste Straße unweigerlich die Abholzung des umliegenden Waldes nach sich zieht. Daher sind Unternehmen, die im Regenwald Bodenschätze fördern, nicht nur durch drohende Umweltverschmutzung aus den Minen und Ölbohrungen, sondern auch durch den Bau von Straßen eine große Gefahr für den Regenwald. Neben Edelmetallen, Erdöl und Holz für unsere Wirtschaft, zerstören wir Menschen den Wald noch für viele weitere Produkte. Gigantische Anpflanzungen der Ölpalme und von Coca bedrohen den Choco Regenwald heute am meisten. Bei jedem Produkt, dass wir kaufen und in dem nicht näher beschriebenen “Öl pflanzlichen Ursprungs” enthalten ist, wird mehr Regenwald für Ölpalm-Plantagen gerodet.

Auf einem leider bereits gerodeten Hügel nahe Itapoa warteten wir auf die Dämmerung und beobachteten die tropischen Vögel in den umliegenden Baumkronen. Wir sahen unter anderem blauköpfige Papageien und Tukane, die mit ihrem großen gelben Schnäbeln imponierten. Nach Einbruch der Dunkelheit kehrten wir in unser Lager zurück und fanden unterwegs noch verschiedenfarbige Glühwürmchen und Taranteln. Wie immer machte sich allerhand Geschmeiß an unseren Blutgefäßen zu schaffen und unsere Körper waren übersät mit Bissen und Stichen.

Raul erklärte uns, wie er versucht mit vielen Bauern der Umgebung zusammen eine nachhaltige Bewirtschaftung des Regenwaldes zu erreichen. In begrenzten Parzellen wird Kakao angebaut, der zu fairen Preisen verkauft wird. Dafür bleibt der verbleibende Regenwald auf dem Land der Bauern unangetastet. Die Kakaobäume können auch beschattet wachsen und ermöglichen eine viel längere Bewirtschaftung des Bodens im Vergleich zur Ölpalme. Zusätzlich ermuntert Raul die Bauern viele verschiedene Pflanzen, wie Bananen, Ananas oder Maniok anzubauen. Diese Anpflanzungen haben eine höhere Artenvielfalt und sich nicht so Anfällig wie Monokulturen und dadurch lässt sich der Einsatz von chemischen Substanzen minimieren.

Am dritten Tag hatten wir großes Glück bei der Suche nach den Klammeraffen und konnten einen von ihnen viele Minuten und ganz nah beobachten. Er versuchte uns zu verscheuchen, nachdem er uns ebenfalls beobachtet hatte und rüttelte an den Ästen der Bäume und schrie. Für ihn waren wir offensichtlich ein Ärgernis, aber für uns war es ein sehr besonderer Moment. Wir wissen die Vielfalt des Lebens im Regenwald sehr zu schätzen und hoffen, dass jeder der diesen Blog liest sein eigenes Konsumverhalten überdenkt. Jeder kleine Verzicht im Alltag hilft, die Schätze der Natur auf unserem Planeten zu bewahren. Die Zeit im Lager, während wir nicht aßen oder schliefen, war gefüllt mit dem Fotografieren eingefangener Reptilien und Amphibien und Gesprächen zum Thema Nachhaltigkeit und Artenschutz. In dem Zusammenhang ging es auch um die Dienstleistungen, die uns der Regenwald liefert. Er generiert und speichert große Mengen Trinkwasser und Sauerstoff, zwei lebensnotwendige Substanzen.

Am nächsten Tag standen wir um vier Uhr morgens auf, packten zusammen und liefen zurück nach Cristobal Colon. Eine Frau ging zwischenzeitlich verloren, weil sie voraus lief und den falschen Abzweig nahm. Die Fahrt über staubige Pisten nach Puerto Quito, vorbei an Millionen von Ölpalmen verdeutlichte nochmals, wie groß der Kontrast zwischen Regenwald und Kulturlandschaft ist.

Am letzten Tag in Rauls Haus lernten wir, wie man gute Schokolade macht und was der Unterschied zu Industrieschokolade ist. In unsere Schokolade kamen nur fermentierte, getrocknete, geröstete und gemahlene Kakaobohnen, Zucker und Milch. Für billige Schokolade in den Supermarktregalen wird zunächst die Kakaobutter heraus gepresst und zum Beispiel für Kosmetika verwendet. Auf der Zutatenliste steht dann “Kakaopulver, Öl pflanzlichen Ursprungs, …”, denn die Kakaobutter wird durch Palmöl ersetzt. Wer gute Schokolade will, der muss darauf achten, dass die Zutatenliste Kakaopulver und Kakaobutter enthält. Wir kosteten die noch heiße, köstliche Schokolade mit Bananenstücken und fuhren mit dem Bus weiter in die Anden nach Quito. Die Hauptstadt Ecuadors begrüßte uns mit einem herrlichen Blick von den Berghängen und einem tollen Sonnenuntergang. Jetzt müssen wir erst einmal rote Blutzellen bilden, denn Quito liegt auf 2800 m ü. NN und jeder Spaziergang ist sehr anstrengend. Wir haben bereits unsere Wäsche zur Wäscherei gebracht, denn die fing nach der Zeit im Regenwald wortwörtlich zu schimmeln an. Ansonsten ruhen wir uns aus, verarzten Blasen, Bisse und Stiche, sichten die Bilder, schreiben Blog, schneiden Videos und schlafen viel.

Link zum Video