Max wurde nach seiner Entscheidung aus Peru aufzubrechen um in Deutschland bei seinen Eltern und Geschwistern zu sein sofort etwas entspannter. Mit der anhaltend kritischen Situation seines Vaters könnte er sowieso keinen Ort auf der Welt mehr genießen. Jedoch ist die Reise von Chachapoyas bis ins Uniklinikum Leipzig keine kurze. Wir sind inzwischen seit fast drei Wochen in Deutschland, haben es aber bisher nicht geschafft die Ereignisse und Gedanken aufzuschreiben.
Chachapoyas hat zwar einen Flughafen, jedoch war der nächste Flug zum Internationalen Flughafen in Lima ausgebucht. Daher entschieden wir uns mit dem Bus zu fahren. Mit einem Fahrzeug der MovilBus Gesellschaft ging es mit einer Fahrzeit von etwa 27 h nach Lima. Wir fuhren zunächst in die entgegengesetzte Richtung los um einige hohe Kämme der Anden zu umfahren. An der Küste angekommen ging es dann viel zügiger voran als im Gebirge und wir erreichten Lima am darauffolgenden Mittag. Die Sitze im Bus sind überraschend komfortabel und lassen sich sehr stark anwinkeln. Mit der großzügigen Breite und ausreichend Beinfreiheit bei den Plätzen in der etwas höheren Preisklasse (etwa 30 € p.P.) konnten wir unterwegs recht gut schlafen.
Da wir damit rechnen mussten, dass Erdrutsche die Straße blockieren, hatten wir zwei Tage Reserve in Lima eingeplant, bis unser Flug los ging. Die Zeit verbrachten wir ohne besondere Touren, sondern spazierten nur etwas durch die Umgebung unserer Unterkunft. Max war immer noch an- und niedergeschlagen und konnte sich nur für nichts schönes begeistern. Unser Flug ging dann nachts um ein Uhr und wir fuhren am Abend mit viel Reservezeit zum Flughafen. Zum Glück, denn wir wussten nicht, dass wir ein ESTA-Visum für die USA benötigen. Dieses ist auch dann notwendig, wenn man wie wir nur in den Staaten zwischenlandet. Vom Personal der Fluggesellschaft auf die Notwendigkeit eines ESTA hingewiesen, liefen wir zum Starbucks wo wir hektisch die Online-Formulare ausfüllten und die 28 $ Gebühr für zwei Personen transferierten. Das war gerade nochmal gut gegangen. Zwischendurch sahen wir das Flugzeug schon ohne uns abheben.
Anna scherzte, wie oft man einen bärtigen Max wohl durchsuchen würde, bevor man ihn in die USA ließe. Am Ende interessierte sich aber niemand für ihn, sondern Anna stand ganz deutlich im Fokus. Für den Flug nach Atlanta musste sie ihr Handgepäck öffnen. Die vielen belegten Brötchen in ihrem Rucksack waren im Röntgengerät wohl nicht von Sprengstoff- oder Kokainpaketen zu unterscheiden. Beim Boarding wurde sie dann auch noch für eine Zufallskontrolle mit Sprengstoff-Wischtest aus der Masse herausgepickt. Sehr verdächtig, diese Anna! Der Flug dauerte etwa acht Stunden und wir konnten nicht so gut schlafen, wie im Bus. Also kamen wir völlig übernächtigt im Transferbereich in Atlanta an. Schon wieder war es Anna, die genauer durchsucht - oder besser erschnüffelt wurde. Ein Beagle kam auf sie zu und Anna ging in die Knie um ihn zu streicheln: “Oh, wie niedlich!” Jedoch war der Hund nicht an Anna interessiert, sondern auf das Auffinden von illegalem Obst trainiert. Vom Obst-Hund enttarnt wurden uns unsere Äpfel und Mandarinen abgenommen. Wir hatten keine Lust die Stadt zu erkunden und verbrachten die etwa sieben Stunden Wartezeit im Flughafen.
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Regenbogen über Leinach bei Würzburg. |
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Max über Leinach, augenommen kurz vor dem Abflug nach Kuba. |
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Leinach war eigentlich die erste Station unserer Weltreise nachdem wir unsere Wohnung in Würzburg aufgegeben hatten. |
Der Flug nach Frankfurt dauerte nochmals 11 Stunden. Für Anna ging es weiter nach Würzburg und Leinach. Für Max ging es nach Leipzig und Torgau. Wir beide wollten etwas Zeit zu Hause bei unseren Familie verbringen. Und das ist schon eine komische Formulierung, denn über die letzten Monate haben wir Zuhause darüber definiert, wo der jeweils andere war und unsere Familie waren wir zwei. Wenn man keine Wohnung mehr hat und nur noch in Hostels lebt, dann definiert man Zuhause dort wo der dicke Rucksack liegt und man sich mit seiner oder seinem Liebsten Abends ins Bett legt. Da ist es doch sehr merkwürdig, wenn man mit Zuhause plötzlich wieder sein Elternhaus meint, wo dann ausgerechnet der Partner sich nicht mit dir zusammen aufhält. Was ist also jetzt unser Zuhause? Solange wir nicht wieder im selben Haus schlafen fühlt es sich eher so an als seien wir in der Heimat zu Besuch, als wirklich Daheim.
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Max Elternhaus ist gelb mit einem gelben Dach. |
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Das Haus in Torgau vom Garten aus gesehen. |
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Exotische Pflanzen im heimischen Garten. |
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Die Uniklinik in Leipzig ist Max erster Anlaufpunkt in Deutschland. |
Viele Monate haben wir jeden Tag gemeinsam verbracht und nun sehen wir uns länger nicht, als jemals zuvor in unserer langjährigen Beziehung. Das ist schon sehr komisch. Zum Glück gibt es genügend Besuche zu absolvieren und es gilt Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, so fällt es nicht ganz so sehr auf, dass wir so lange getrennt sind. Max ist fast jeden Tag im Krankenhaus und besucht zusammen mit seiner Mama seinen Papa. Anna trifft ihre besten Freundinnen und unterstützt ihre Mama und Schwester. Letztendlich treffen wir uns in Torgau, wo wir vorübergehend wohnen, denn von dort aus lässt sich Max Papa im Leipziger Universitätsklinikum einfacher besuchen und in Annas Elternhaus wird gar kein Platz mehr sein, da dieses demnächst gründlich umgebaut wird. Wir sind sehr froh wieder zusammen sein zu können und haben in den letzten Monaten und vor allem auch Wochen gelernt: Zuhause ist relativ. Unsere alte Heimat ist im Moment nur eine Station der Reise und wir wollen unseren Plan einer Erkundung der Welt nicht aufgeben.
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